Buchcover Wörterbuch Deutsch B1 / Tigrinya . Foto: Verlag
Das Wörterbuch Deutsch / Tigrinya gab Katja
Doubek mit Abas Ahmed heraus. Foto: Verlag

Katja Doubek

1) Womit bist aktiv/wofür engagierst du dich?

Als Autorin schreibe ich Belletristik und Sachbücher. Und zurzeit erstelle ich gemeinsam mit einem Team visuelle Fachwörterbücher für Auszubildende, die Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben. Außerdem versuche ich, einem jungen Mann aus Eritrea zu helfen, in Deutschland Fuß zu fassen. Sein Weg liegt voller behördlicher Hürden. Dennoch tut er alles, um sich sinnvoll in die Gesellschaft einzubringen, in der er gerne als freier, selbstbestimmter Mann leben möchte. Beispielsweise hat er das Wörterbuch Deutsch B1 – Tigrinya verfasst, das es in dieser Form vorher nicht gab.

2) Wie bist du zu deinem Engagement gekommen?

Die ehrenamtliche Arbeit für und mit Geflüchteten begann mit meiner Tätigkeit für die Organisation. Ich habe Geflüchtete auf ihre Anhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbereitet und sie auf Wunsch auch begleitet. Nachdem ich Zeugin wurde, wie ein Dolmetscher bei einer Anhörung bewusst und absichtlich falsch übersetzte und die Entscheiderin das im Protokoll nicht einmal erwähnte, habe ich begonnen, die Geschichte des Betroffenen zu dokumentieren.

3) Was sind die größten Herausforderungen in deiner Arbeit?

Am schwersten wiegen für mich derzeit die Hindernisse, die die Regierung in Bayern Geflüchteten und Helfern in den Weg legt. Die Integration der Menschen wäre um ein Vielfaches leichter und ginge wesentlich schneller, wenn in den Behörden thematisch qualifiziertere Leute arbeiteten. Mein Eindruck ist, dass es an Kenntnissen und, schlimmer noch, an Interesse mangelt. Die Folge sind unsinnige, redundante Forderungen, die Lebenszeit und Steuergelder kosten. Das gilt sicher nicht überall. Aber das Landratsamt, mit dem ich zu tun habe, legt die Gesetze wo immer möglich zu Ungunsten der Geflüchteten aus. Ich beobachte eine erschreckende Willkür und noch erschreckendere Respektlosigkeit. Es zeigt sich dort annähernd täglich, wie Integration wenn schon nicht verhindert, so doch maßgeblich erschwert werden kann.

4) Was ist deine Vision? Was treibt dich an weiterzumachen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Leben in unserer komplexen Welt nur miteinander und auf keinen Fall gegeneinander gelingen kann. Menschen abschieben und Grenzen abschotten halte ich für vollkommen unsinnig. Auf diese Weise wird keines der Probleme gelöst – nicht in Asien, nicht in Afrika und auch nicht in Europa. Die Gesellschaft der Zukunft wird das überdenken müssen. Eine funktionierende Gemeinschaft kann nur entstehen, wenn Menschen bereit sind, einander in ihrer Unterschiedlichkeit zu akzeptieren und sich mit Kopf und Herz darauf einlassen, voneinander zu profitieren. Persönlich empfinde ich die Vielfalt von Herkunft, Geschlecht oder Religion in einer Gesellschaft als große Bereicherung.