Ein hoffnungsvolles Filmprojekt

Michael Schäfer hat sich vorgenommen, den Roman „Eine Hand voller Sterne“ des Schriftstellers Rafik Shami zu veröffentlichen, der ihn sehr bewegt hat. Das Projekt steht vor einigen Herausforderungen, aber der Regisseur und Drehbuchautor ist zuversichtlich, dass die Umsetzung gelingen wird.

Von WIR MACHEN DAS, 07.09.2018

WiMD: Wie ist die Idee für dieses besondere Filmprojekt entstanden?

Michael Schäfer: Den Roman Eine Hand voller Sterne kenne ich schon sehr lange und er ist eines meiner Lieblingsbücher. Vor einigen Jahren dann überlegte ich, ob man aus dieser wunderbaren Geschichte nicht auch einen Film machen könnte. Also habe ich das Buch noch zwei-, dreimal gelesen und daraufhin abgeklopft. Schnell wurde mir klar, dass es nicht nur eine schöne Kinogeschichte wäre, sondern auch eine sehr aktuelle und politisch wie gesellschaftlich relevante. Also genau mein Ding.

Mich reizt die Dualität der Geschichte. Auf der einen Seite die Poesie und der Charme, auf der anderen Seite die Brutalität des Regimes. Dabei bleibt Vieles ausgeblendet, verschwommen oder wird nur am Rande erzählt. Es ist dem Leser und in unserem Falle dem Zuschauer überlassen, gewisse Blankostellen in seinem Kopf selbst auszufüllen. In diesem Spannungsfeld entfaltet die Geschichte ihre Kraft.

Also habe ich mich um die Rechte am Roman bemüht. Das war gar nicht so einfach, weil ich zum einem ein noch recht unbekannter Drehbuchautor und Regisseur bin, zum anderen Rafik Schami in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Adaptionen seiner Roman gemacht hatte. Aber schlussendlich ist es mir gelungen.

WiMD: Wer hat das Projekt denn angestoßen und die erste Phase begleitet?

Michael Schäfer: Nachdem ich die Rechte am Roman optioniert hatte, habe ich einen Produzenten gesucht und diesen schließlich in Marco Gilles und der gilles-mann-Filmproduktion in Köln gefunden.

Uns war von vornherein klar, dass Eine Hand voller Sterne ein schwieriges Projekt werden wird. Da wir komplett im Ausland drehen, mit ausländischen Schauspieler*innen und auf Arabisch, sind die hiesigen Filmfinanzierungsstrukturen nur bedingt nutzbar. Aber Marco ist ein Mensch für den das Glas halb voll und nicht halb leer ist. Das ist die richtige Einstellung.

Mittlerweile haben wir einen Kernstab an Crew aus erfahrenden Filmemachern und diverse Partner, die das Projekt fördern oder logistisch unterstützen. Wir wurden mittlerweile zweimal von der Film- und Medienstiftung NRW gefördert sowie von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Das hat es uns unter andem ermöglicht, in den nahen Osten zu reisen, um geeignete Drehorte zu suchen, die wir schließlich im Libanon gefunden haben.

Zudem haben wir mit Sabine Sidawi eine großartige Coproduzentin in Beirut gefunden, für die ine Hand voller Sterne ein echtes Herzensprojekt ist. So, wie für uns alle.

Darüber hinaus wissen wir zahlreiche NGO‘s an unserer Seite wie z.B. Reporter ohne Grenzen, den Liberal Islamischen Bund, Gefangenes Wort oder eben auch „Wir machen das!“. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Dr. Bärbel Kofler ist unsere Schirmherrin.

WiMD: Welche Verbindung hat das Projekt zu Rafik Schami, dem Autor der Romanvorlage?

Michael Schäfer: Rafik Schami war von Anfang an, in die Drehbuchentwicklung einbezogen. Da er anfangs sehr skeptisch war, die Rechte frei zu geben an jemanden, der noch keine großen Referenzen vorzuweisen hat, hatte ich ihm ein Konzept zukommen lassen, um ihm zu zeigen, wie ich mir die Adaption vorstelle. Das hat ihn überzeugt.

Wir kennen uns persönlich und ich schätze ihn sehr. Für einen Schriftsteller ist es immer schwierig, seinen Roman von anderen bearbeiten zu lassen, um daraus einen Film zu machen. Film funktioniert dramaturgisch völlig anders, als ein Buch. So musste die Handlung wesentlich verdichtet und gekürzt werden. Auf der anderen Seite aber musste ich ganze Szenen dazu schreiben, die im Roman nicht vorkommen oder nur kurz abgehandelt werden. Das ist alles ein starker Eingriff in eine Geschichte.

Doch Rafik Schami hat mir da großes Vertrauen geschenkt. Er weiß um die Metamorphose, die ein Stoff durchleben muss, um vom Buch zu einem Film zu werden. Er sagte einmal sinngemäß zu mir: Du hast mir damals nicht rein gequatscht, als ich den Roman schrieb. Jetzt quatsche ich Dir nicht rein, wenn Du den Film machst.

Diese offene und konstruktive Einstellung hat meine Arbeit sehr erleichtert und beflügelt. Dafür bin ich Rafik Schami sehr dankbar.

WiMD: Wie kann das Filmprojekt denn umgesetzt werden – kommt Damaskus als Ort der Handlung im Buch auch als Drehort in Frage?

Michael Schäfer: Noch sind wir ja in der Finanzierungsphase.

Als Marco und ich mit dem Projekt anfingen, kippte die friedliche Revolution in Syrien gerade in den jetzigen Bürgerkrieg. Somit schied unser Wunsch, an den Originalschauplätzen in Damaskus zu drehen, leider aus.

Auf unseren Locationreisen haben wir aber im Libanon, genauer gesagt in den beiden alten Städten Saida und El Mina großartige Drehorte gefunden. Ein echter Damaszener wird sicherlich erkennen, dass es nicht Damaskus ist. Aber mir ist vor allem wichtig, die richtige Atmosphäre, die Energie und das Licht wiederzugeben.

Im Libanon fühlen wir uns mit unserer Produktion sehr wohl. Es gibt tolle Crews und SchauspielerInnen und mit Sabine haben wir eine sehr erfahrene Ko-Produzentin.

WiMD: Wann und wo wird der Film vor Publikum gezeigt?

Michael Schäfer: Wir hoffen die Finanzierung in den nächsten 12 Monaten abschließen zu können und spätestens im Herbst nächsten Jahres zu drehen. Herbst deshalb, weil es dann nicht mehr so heiß ist im Libanon und das Licht schöner ist.

Dann folgt noch einmal ein gutes Jahr Postproduktion, so dass der Film Ende 2020 Premiere hätte.

WiMD: Was wünscht Ihr Euch für dieses Filmprojekt – was soll die Geschichte anstoßen?

Michael Schäfer: Eine Hand voller Sterne ist für uns keine arabische Geschichte, nur weil sie in Syrien spielt. Sie steht als Metapher für viele Regime, Epochen und Kulturen in der Vergangenheit bis heute. Somit ist sie auch ein Teil unserer deutschen Kultur und Geschichte.

Auch bei uns gab es tyrannische Regime, auch bei uns haben sich Menschen mit Papier und Stift zur Wehr gesetzt, demonstriert.

Der Film ist nicht nur ein Film, sondern auch ein persönliches, politisches und gesellschaftliches Anliegen. Ein Aufruf für Humanität und Humanismus.

Der Roman ist in den deutschsprachigen Ländern Schulliteratur. Zu recht! Ich hoffe, dieses Schicksal wird auch dem Film anheim fallen und ich fände es großartig, wenn der Film nicht nur eine ergreifende Kinounterhaltung ist, sondern auch Grundlage für Diskussionen, politische und gesellschaftliche Exkurse und Gedankenspiele. Das wäre toll!

http://www.hand-voller-sterne.de/

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